BVF Korrespondenz bezüglich der Hormonspirale Mirena / Jaydess / Kyleena - Risiko Hormonspirale

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Korrespondenz mit dem Berufsverband der Frauenärzte:

Schreiben von Risiko-Hormonspirale an den BVF vom 11.2.2016
Betreff: Verletzte Aufklärungspflicht von FrauenärztInnen
Sehr geehrte Damen und Herren des Berufsverbands der Frauenärzte,
täglich erfahre ich in Internetforen von Frauen, dass sie von ihren GynäkologInnen nicht ordnungsgemäß über die Nebenwirkungen der Hormonspirale Mirena bzw. Jaydess aufgeklärt worden sind. Das ist sehr erstaunlich, denn bereits 2007 wurde in einem Rote-Hand-Brief des vormaligen Mirena-Herstellers Schering folgendes erwähnt:
„Nach Kenntnisnahme eines schriftlichen Aufklärungsbogens und der Gebrauchsinformation sowie Beantwortung möglicher Fragen im Rahmen eines Aufklärungsgesprächs soll die Patientin ihr Einverständnis schriftlich erklären.“
Hier ist der komplette Brief:
Ich gehe davon aus, dass dieser Rote-Hand-Brief auch heute noch Gültigkeit hat und ebenso für die Jaydess zutrifft.
Fast alle diese Frauen berichten, dass sie anstatt dieses Aufklärungsbogens und des Beipackzettels lediglich die Werbebroschüre des Herstellers bekommen hätten.

Desweiteren höre ich täglich mehrfach, dass Patientinnen, die Beschwerden aufgrund von Mirena oder Jaydess hatten, von ihren Gynäkologen zu hören bekommen, dass diese Beschwerden nicht mit Mirena/Jaydess zusammenhängen könnten. Und dies obwohl diese Beschwerden im Beipackzettel unter Nebenwirkungen stehen. Begründet wird dieser angeblich nicht bestehende Zusammenhang mit der angeblich „lokalen“ Wirkung der Hormonspirale. Patientinnen sind i.d.R. medizinisch nicht vorgebildet und glauben den GynäkologInnen, dass eine lokale Wirkung möglich sei und die Hormone der Hormonspirale nicht ins Blut gelangen würden.
Ich halte diese Irreführung für einen massiven Vertrauensbruch des Arzt-Patient-Verhältnisses. Der Arzt hat korrekt aufzuklären und nicht leere Werbeversprechen des Medikamentenherstellers wiederzukäuen.
Desweiteren wird den Patientinnen erzählt, dass die Hormonspirale niedrig dosiert sei. Inzwischen wurde herausgefunden, dass eine Mirena-Hormonspirale täglich soviel Wirkstoff in den Blutkreislauf abgibt wie ZWEI Minipillen. Bei verlangsamtem Stoffwechsel kann es die Dosis von bis zu SECHS Minipillen sein.
Quelle: Artikel aus der internationalen gynäkologischen Fachzeitschrift „Gynecological Endocrinology“ http://www.cbgnetwork.org/3538.html

Es handelt sich also zum Teil um fehlende, zum Teil um falsche/irreführende Informationen, die die Frauen bekommen. Ich halte das schlicht gesagt für skandalös. Auch weil es sich hier offensichtlich nicht um einzelne schwarze Schafe handelt, sondern eher um den Großteil der GynäkologInnen.

Was schlagen Sie vor, um diesem Treiben Einhalt zu gebieten?
Sollten diese nicht- bzw. falschinformierten Frauen ihre GynäkologInnen bei der Ärztekammer melden wegen Verstoßes gegen die Aufklärungspflicht?
Sollten sie sich an die Medien wenden?
Gibt es eine Möglichkeit, den GynäkologInnen Ihres Verbands flächendeckend die fehlenden Informationen zukommen zu lassen?

Mit freundlichen Grüßen
und im Namen Hunderter ehemaliger Hormonspiralenträgerinnen
K.M.
Antwort von Dr. C. Albring vom BVF vom 17.2.2016:
Sehr geehrte Frau M.,
haben Sie sehr herzlichen Dank für Ihr Schreiben. Eine hohe Qualität der Beratung und Betreuung von Mädchen und Frauen bei Fragen der Verhütung halte ich wie Sie für wichtig. Alle Verhütungsvarianten, die ohne Hormone auskommen, sind problematisch, weil sie nicht hinreichend sicher sind, abgesehen von der Kupferspirale und der Sterilisation. Dazu gehören die Temperaturmessung, Kondom, Diaphragma, Zervixschleimbeobachtung. Selbst bei der Sterilisation gibt es eine geringe Versagerquote. Es bleiben vielfach nur hormonelle Verhütungsmethoden, wenn man eine zuverlässige Verhütung möchte. Diese Hormone sind ubiqitär im Körper und beeinflussen somit auch die Psyche, was häufig, wegen des vielfach als unangenehmen empfundenen Auf und Ab der Hormonspiegel im natürlichen Zyklus sogar erwünscht ist. Ein IUP hat den Vorteil, dass es nicht vergessen werden kann; viele unerwünschte Schwangerschaften entstehen durch Einnahmefehler bei der Pille.

In den aktuellen Diskussionen über die Pille und das Thromboserisiko wird Levonorgestrel von vielen als das einzige Gestagen dargestellt, dem eine niedrige Thromboserate in Studien bescheinigt wird. Wenn Frauenärzte darlegen, dass Levonorgestrel (LNG) nicht für alle Frauen geeignet ist, und einige Frauen unter Nebenwirkungen leiden, die für sie nicht tolerabel sind, findet das in der theoretischen Diskussion keine Akzeptanz. Auf der anderen Seite gibt es die LNG-freisetzenden IUPs wie die Mirena® und Jaydess®. Beide setzen zwar LNG frei, was aber in  über 90% in der Gebärmutter verbleibt, und dort abgebaut wird. In den Kreislauf gelangen bei einigen Frauen allenfalls Spuren des Hormons.

Sie schreiben von Studien, die höhere Blutspiegel von LNG aus der Spirale zeigen als bei Einnahme der sog. Minipille. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, das einige Studien bei Frauen nach der Menopause gemacht wurden. Zu dieser Zeit ist die Schleimhaut der Gebärmutter sehr dünn; es ist durchaus denkbar, dass postmenopausal höhere Mengen von LNG in den Kreislauf übergehen. Eine andere Studie bewertete nur die Freisetzung an sich, aber nicht die Blutspiegel. De facto ist der Blutlevel von LNG unter den beiden Spiralen erheblich niedriger als unter der Minipille oder anderen LNG-haltigen Pillen. Deshalb erleben Frauenärzte viele Nebenwirkungen, die von den LNG-haltigen Pillen bekannt sind, unter den Hormonspiralen nur sehr selten oder nie. Das erklärt auch, warum eine Frauenärztin oder ein Frauenarzt aus ihrer Erfahrung heraus eine Nebenwirkung für unwahrscheinlich hält. Die Suche nach anderen möglichen und wahrscheinlicheren Ursachen dieser Symptome ist daher folgerichtig und notwendig. Wenn eine Frau z.B. im Vorfeld schon eine LNG-haltige Pille eingenommen und gut toleriert hat, ist es unmöglich, dass sie auf das LNG aus der Spirale mit stärkeren Nebenwirkungen reagiert. Man muss dann nach anderen Ursachen der Beschwerden und Symptome suchen.

Äußerst selten verursacht eine Spirale Schmerzen in der Gebärmutter, die eine Entfernung ratsam erscheinen lassen kann.

Sie beschreiben, dass Frauen berichten, dass Frauenärztinnen und -ärzte ihnen die Gebrauchsinformation nicht aushändigen, sondern nur Informationsbroschüren des Herstellers. Frauen erhalten aber ein Rezept, mit dem sie selbst die Spirale in der Apotheke kaufen. In dieser Packung befindet sich die Gebrauchsinformation. Damit sind die Frauen im Besitz des Beipackzettels. Außerdem sind die Aufklärung und die Unterschrift des Mädchens bzw. der Frau unter den Aufklärungsbogen verpflichtend, sowohl vor dem Einsetzen der Mirena® wie vor dem Einsetzen der Jaydess®. Damit bescheinigen sie, die Information erhalten zu haben.

Der Berufsverband der Frauenärzte, in dem über 85% der KollegInnen Mitglied sind, unterstützt selbstverständlich die Empfehlungen aus dem Rote-Hand-Brief des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte und informiert seine Mitglieder durch die Zeitschrift FRAUENARZT, das "Seminarbuch Gynäkologische Endokrinologie", durch laufende Rundschreiben und bei Fortbildungsveranstaltungen und -kongressen.

Die Schlichtungsstellen der Landesärztekammern sollen entsprechend ihren Satzungen bei Streit oder Meinungsverschiedenheit zwischen einem Patienten und einem/einer der Kammer als Mitglied angehörenden Arzt/Ärztin oder den bei ihm/ihr Beschäftigten darüber, ob ein haftungsbegründender Behandlungsfehler des Arztes/der Ärztin zu einem gesundheitlichen Schaden geführt hat oder voraussichtlich führen wird, die notwendigen Feststellungen treffen. Es steht jedem Patienten frei, beim Verdacht auf einen Behandlungsfehler, der zu einem gesundheitlichen Schaden geführt hat, einen Antrag auf Verfahrenseröffnung beim Schlichtungsausschuss der zuständigen Landesärztekammer anzurufen.

Nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung wenden 11% aller Mädchen und Frauen, die verhüten, die Spirale an. Das sind vage geschätzt zwischen 600.000 und 800.000 Frauen in Deutschland. Vielleicht relativiert diese Zahl und ein Vergleich mit der Zahl derjenigen, die sich an Sie wenden, das Problem?

Ich denke, man kann davon ausgehen, dass alle anderen Frauen mit der Spirale gut zurechtkommen und auch mit der Beratung und Betreuung durch die Mitglieder des Berufsverbands der Frauenärzte zufrieden sind.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Dr. C. Albring
Kommentar von Risiko Hormonspirale zum Antwortschreiben des BVF:
Eigentlich spricht das Schreiben für sich, Einiges muss aber dennoch klargestellt werden:
1. "Diese Hormone sind ubiqitär im Körper und beeinflussen somit auch die Psyche, was häufig, wegen des vielfach als unangenehmen empfundenen Auf und Ab der Hormonspiegel im natürlichen Zyklus sogar erwünscht ist."
Sollte damit PMS gemeint sein, so kann nicht bestätigt werden, dass dies durch die Hormonspirale ausgeglichen würde. Vielmehr ist es so, dass Frauen stärker an PMS leiden, bzw. dauerhaft Beschwerden wie PMS haben (siehe Beipackzettel > Nebenwirkungen). Dies ist auch durch die Mineralstoffmängel (v.a. Magnesiummangel) zu erklären, die unter der Hormonspirale entstehen und die eine sehr große Rolle bei PMS spielen.
2. "Beide setzen zwar LNG frei, was aber in über 90% in der Gebärmutter verbleibt, und dort abgebaut wird. In den Kreislauf gelangen bei einigen Frauen allenfalls Spuren des Hormons."
Dies ist definitv falsch. Das Hormon verbleibt NICHT zu über 90% in der Gebärmutter, weil es keinen Mechanismus gibt, der dies regeln könnte. Im Gegenteil: Die Gebärmutter ist sehr stark durchblutet und so wird der Wirkstoff bereits innerhalb einer Stunde nach der Einlage im Blut verteilt und ist dort nachweisbar, wie in dem oben verlinkten Artikel nachzulesen ist.
Die Behauptung, dass das LNG zu 90 % in der Gebärmutter verbleibt widerspricht auch der obigen Aussage von Dr. Albring, dass diese Hormone "ubiquitär" (= überall vorhanden) seien.
Selbst der Hersteller Bayer gab auf Nachfrage zu, dass die Hormonspirale nicht lokal wirkt (siehe Script des BR- Radiofeatures, S.12)  
3. "Sie schreiben von Studien, die höhere Blutspiegel von LNG aus der Spirale zeigen als bei Einnahme der sog. Minipille. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, das einige Studien bei Frauen nach der Menopause gemacht wurden. Zu dieser Zeit ist die Schleimhaut der Gebärmutter sehr dünn; es ist durchaus denkbar, dass postmenopausal höhere Mengen von LNG in den Kreislauf übergehen."
Eine der 3 Studien wurde bei Frauen nach der Menopause gemacht, bei den anderen steht das Alter nicht dabei.
Grundsätzlich ist die Dicke der Gebärmutterschleimhaut einer Frau nach der Menopause mit der einer Frau, die Mirena trägt zu vergleichen. Denn eine der Wirkungen der Hormonspirale ist, dass die Gebärmutterschleimhaut wenig bis gar nicht mehr aufgebaut wird. Das bedeutet auch, dass im Verlauf der Tragezeit der Hormonspirale durch die immer dünner werdende Gebärmutterschleimhaut immer größere Mengen des Gestagens ins Blut gelangen werden. Das erklärt auch die sich einschleichenden Nebenwirkungen im Lauf der Jahre.
4. "Eine andere Studie bewertete nur die Freisetzung an sich, aber nicht die Blutspiegel."
Die Überschrift des Abschnitts lautet: "High serum and tissue levels of levonorgestrel"
Es wurden SOWOHL im Serum ALS AUCH im Gewebe hohe Levels festgestellt.
5. "De facto ist der Blutlevel von LNG unter den beiden Spiralen erheblich niedriger als unter der Minipille oder anderen LNG-haltigen Pillen."
Das ist eine Aussage ohne medizinisch-wissenschaftlichen Nachweis. Die Studienlage sagt genau das Gegenteil.
6. "Wenn eine Frau z.B. im Vorfeld schon eine LNG-haltige Pille eingenommen und gut toleriert hat, ist es unmöglich, dass sie auf das LNG aus der Spirale mit stärkeren Nebenwirkungen reagiert. Man muss dann nach anderen Ursachen der Beschwerden und Symptome suchen."
Doch, das ist aus o.g. Gründen möglich, weil bei der Hormonspirale eine höhere Dosis LNG in den Körper gelangt und sich dort ansammelt. Unberücksichtigt geblieben ist hierbei auch, dass der körpereigene Progesteronspiegel unter dem synthetischen Progesteron LNG sinkt und daher eine längerfristige und erhöhte Menge LNG zu Progesteronmangel- und Östrogendominanz-Beschwerden führen kann.
7. "Frauen erhalten aber ein Rezept, mit dem sie selbst die Spirale in der Apotheke kaufen. In dieser Packung befindet sich die Gebrauchsinformation. Damit sind die Frauen im Besitz des Beipackzettels."
Es ist gang und gäbe, dass die Frauenärzte die Hormonspiralen in der Praxis da haben und dort legen, d.h die Patientin bekommt die Packung nicht zu Gesicht. Ein sehr hoher Prozentsatz der Frauen bekommt laut Umfragen den Beipackzettel nicht.
Dazu kommt, dass in besagtem Rote-Hand-Brief steht, dass die Gebrauchsinformation AUSGEHÄNDIGT und durch Unterschrift bestätigt werden muss. Zitat Beipackzettel Mirena: "Hinweise zur Weitergabe an die Patientin:
Vor der Anwendung dieses Arzneimittels wird Sie Ihr Arzt im Rahmen eines Einverständnisverfahrens über die Risiken bei der
Anwendung aufklären. Dafür werden Ihnen ein spezieller Einverständnisbogen und die Gebrauchsinformation ausgehändigt.
Mirena wird bei Ihnen nur eingesetzt, wenn Sie den Aufklärungsbogen unterschrieben haben."
8. "Die Schlichtungsstellen der Landesärztekammern sollen entsprechend ihren Satzungen bei Streit oder Meinungsverschiedenheit zwischen einem Patienten und einem/einer der Kammer als Mitglied angehörenden Arzt/Ärztin oder den bei ihm/ihr Beschäftigten darüber, ob ein haftungsbegründender Behandlungsfehler des Arztes/der Ärztin zu einem gesundheitlichen Schaden geführt hat oder voraussichtlich führen wird, die notwendigen Feststellungen treffen. Es steht jedem Patienten frei, beim Verdacht auf einen Behandlungsfehler, der zu einem gesundheitlichen Schaden geführt hat, einen Antrag auf Verfahrenseröffnung beim Schlichtungsausschuss der zuständigen Landesärztekammer anzurufen."
Es ging nicht um haftungsbegründete Behandlungsfehler von Ärzten, sondern wie bereits im Betreff vermerkt um die verletzte Aufklärungspflicht von Ärzten, die ebenso wie Behandlungsfehler Gegenstand von Beschwerden bei der Ärztekammer sein kann.
9. "Nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung wenden 11% aller Mädchen und Frauen, die verhüten, die Spirale an. Das sind vage geschätzt zwischen 600.000 und 800.000 Frauen in Deutschland. Vielleicht relativiert diese Zahl und ein Vergleich mit der Zahl derjenigen, die sich an Sie wenden, das Problem?"
Wer weiß, wieviele zigtausend Frauen unter den gravierenden körperlichen und psychischen Nebenwirkungen der Hormonspirale leiden, weil sie
- den Beipackzettel nicht ausgehändigt bekommen haben oder/und
- von ihren FrauenärztInnen gesagt bekommen, dass ihre Beschwerden nicht von der Hormonspirale kommen könnten (auch wenn sie im Beipackzettel unter Nebenwirkungen stehen)?
Hier beißt sich die Katze in den Schwanz. Man sieht nur die Nebenwirkungen, die man sehen will.
Die grundlegende Problematik wird klar. Es ist schlicht ein Interessenskonflikt zwischen betroffenen Frauen und vielen FrauenärztInnen, die sehr gut an Hormonspiralen verdienen, denn Hormonspiralen sind Privatleistungen und müssen von den Frauen fast immer selbst bezahlt werden.
 
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